Mehr Aufmerksamkeit gebührt der Bergisch Gladbacher Straße, Teil der Bundesstraße B 506, als bloße Verkehrsader ins Oberbergische, zeigt sie in Dellbrück lediglich einen Ausschnitt einer geschichtsträchtigen Handelsroute, dessen Nebenschauplätze abseits der Strecke ebenso abwechslungsreich wie beispielhaft sind. Wir folgen ihr entgegen der Kilometrierung vom Ufer der Wupper an den Rhein.
Bergisch Gladbacher Straße
Wipperfürth
Bereits im Hochmittelalter fungierte Wipperfürth als wichtiger Knotenpunkt und Umschlagplatz für den Warenhandel. 1217 erhielt Wipperfürth die Stadtrechte verliehen. Bedeutung erlangte die älteste Stadt im Bergischen Land durch den Beitritt der Hanse, der sich im 14. Jahrhundert neben Köln, auch weitere rheinisch-westfälische Städte anschlossen und in ihrer Blüte 195 Mitglieder verzeichnete.
Die Einwohnerzahl von Wipperfürth bewegt sich annähernd vergleichbar mit Dellbrück auf einem Niveau von 21000 Einwohnern im Jahr 2020. Unsere erste Station führt uns zur Radiumstraße, die ihren Namen dem gleichnamigen Radium Lampenwerk zu verdanken hat. Radium LampenwerkFast zeitgleich gegründet wie die Radium Gummiwerke in Dellbrück, genauer gesagt im Jahr 1904, weisen die Anfänge des Wipperfürther Lampenherstellers durchaus Parallelen zum Kölner Pendant auf. Als Berrenbergsche Elektricitätswerke GmbH eingetragen, erfolgte noch im selben Jahr die Umfirmierung zur Radium-Elektricitäts-GmbH. In Folge wechselten Gesellschafter und Eigentümer. Osram und LedvanceEnde der 1980er-Jahren übernahm schließlich Osram die Mehrheit an dem Traditionsunternehmen und baute das Portfolio der Lampensparte konsequent aus. 2016 kommt es im Zuge einer Abspaltung zur Übertragung an das Unternehmen Ledvance. Ein Konsortium entsteht, dessen Geschicke 2018 vollständig an den chinesischen Lichtspezialisten MLS übertragen wurden und erst im Okotober 2020 durch den Verkauf an die ASC Lighting GmbH seine Eigenständigkeit zurückerlangte.
Dhünntalsperre
Obwohl die Dhünn noch jung ist, wird ihr Wasser bereits nach wenigen Kilometern angestaut. Wir begegnet der Dhünntalsperre nördlich der Kölner Straße auf halber Strecke zwischen Wipperfürth und Bergisch Gladbach. Der Zugang jedoch gestaltet sich von dieser Seite der Talsperre schwierig bisweilen erschwert, da das Gewässer weder gut von oberhalb einsehbar ist, noch viele Straßen zum Ufer führen. Erste TalsperreHeute als ein Stausee wahrgenommen, entstand das künstliche Gewässer mit seinen zahlreichen Vorsperren und - becken ursprünglich in zwei Etappen. Zu Beginn der 1960er Jahre wurde der heute östliche Teil, die Dhünntalsperre jetzige Vorsperre Große Dhünn, angestaut. Entgegen der Annahme Größe und Umfang des Stausees seien gemeint, beruht die Namensgebung lediglich auf der Stauung des großen Quellflusses der Dhünn unweit der B 506. ErweiterungsbauZu Deutschlands drittgrößte Trinkwassertalsperre wurde sie erst mit dem Erweiterungsbau zur Großen Dhünntalsperre in den 1970er-Jahren. Ganze zehn Jahre benötigte der Bau, der zwar 1985 fertiggestellt wurde, nach erfolgter Probestauungen aber erst 1988 eingeweiht werden konnte und seitdem vom Wupperverband betrieben wird. KerbtälerDas Gesamtfassungsvermögen beläuft sich auf 81 Mio. m³ Wasser. Zum Füllstand tragen ebenfalls die vielen Rinnsale und kleinen Bäche bei, welche den umliegenden Kerbtälern – im Bergischen Land ist der Begriff Siepen gebräuchlich – entspringen. Eine Übersicht weiterer Talsperren in der Köln-Bonner Region liefert die Tabelle „Seen und Weiher“.
Kürten-Bechen
Bechen, was sinngemäß „oberhalb des Baches“ bedeutet, ist ein Stadtteil von Kürten am Rande der Dhünntalsperre. Der Ort wirkt durch die Ansiedlung längs der Bundesstraße recht weitläufig und dennoch beschaulich. Die Kölner Straße, die B 506, ist Anziehungspunkt vieler der über 3000 Einwohner. Hier befinden sich die meisten Ladenlokale.
An prominenter Stelle, dem Dorfplatz, unmittelbar am Kreisverkehr, wacht seit 1983 das Wahrzeichen von Bechen: der Esel. Die Bronzeskulptur von Heide Dobberkau, 1929-2021, trägt melancholische Züge. Fast wehmütig neigt sie ihr Haupt gegen Köln. EselsgeschichtenDas Wappentier ist omnipräsent im Ort und manifestiert sich sowohl in so mancher Namensgebung, als auch in diversen Erzählungen um den Einhufer. Allen gemein ist das Klischee vom störrischen Esel. Es heißt, Markthändler hätten Mühe, ihre Esel nach Köln zu treiben. Andere Quellen bringen den Esel in Verbindung mit Versäumnissen hinsichtlich der Gemeindeabgaben. Auch die harte Arbeit zu Feld wird angeführt.
Eikamp
Hinter dem Ort Schanze beginnt mit der Alten Wipperfürther Straße die Gemeinde Odenthal. Der kurze Teilabschnitt der Bundesstraße misst nur 2,6 km. Nördlich vom Kramerhof erfreut sich ein Hochseilgarten großer Beliebtheit. Parkmöglichkeiten für motorisierte Kletterfreunde bietet der Parkplatz an der Schallemicher Straße, 700 m vom Ortskern entfernt. Alte Wipperfürther StraßeWeiter dem Straßenverlauf der Alten Wipperfürther Straße folgend, führt alsbald eine Nebenstraße hinab zur Quelle der Strunde in Herrenstrunden. Eikamp, wie auch alle anderen Ortschaften entlang der B 506, sind an das Liniennetz der Wuspi angebunden. Busse der Linie 427 verkehren regelmäßig zwischen Bergisch Gladbach und Wipperfürth und benötigen von Eikamp bis zum S-Bahnhof eine Fahrzeit von 20 min.
Bergisch Gladbach
An einem Wanderparkplatz kurz vor Romaney zweigt rechts ein asphaltierter Panoramaweg ab, der zwei einhalb Kilometer strikt der Bergisch Gladbacher Stadtgrenze folgt und aufgrund der exponierten Lage geradezu prädestiniert ist für Spaziergänge mit Blick über die Kölner Bucht, Dom sowie das angrenzende Bensberg.
An klaren Tagen ist selbst das Siebengebirge gut erkennbar. Der Wegverlauf von Romaney nach Voiswinkel ist über weite Teile abschüssig und verzeichnet erst wieder einen leichten Anstieg an der Hofansammlung Oberborsbach hinauf zum Sonnenberg, an dessen Hängen der Mutzbach einer Karstquelle entspringt. Romaneyer StraßeUnterdessen drängt die B 506 weiter talwärts. Felder und Weiden wechseln einander ab, sporadisch unterbrochen von Bebauungen am Wegesrand. Kley, Grube, dann neigt sich die Romaneyer Straße recht verwegen durch einen Hain, bis die lang gestreckte S-Kurve in der Talsenke zum Erliegen kommt und den Ortsteil Hebborn erreicht. Von der gegenüberliegenden Anhöhe folgt der Straßenverlauf, mit etwas Abstand betrachtet, dem Bachverlauf des Mutzbachs. Im Stadtteil Hand schließlich wird die Alte Wipperfürther Straße zur gleichnamigen Handstraße.
Romaneyer StraßeTypisches Landschaftsbild an der B 506 hinter RomaneyAuf Karte zeigen
Köln-Dellbrück
Wir verlassen Bergisch Gladbach und betreten erstmals Kölner Stadtgebiet. Gleich in Dellbrück taucht die nunmehr Paffrather Straße ab in den Thurner Wald. Niedermoore beiderseits der B 506 charakterisieren diesen Abschnitt des ausgewiesenen Naturschutzgebiets im Kölner Osten, ehe sie die Gleise der S-Bahnlinie S11 überquert und wenig später, neben der Von-Quadt-Straße und der Otto-Kayser-Straße, auf die Bergisch Gladbacher Straße zu läuft, um sich für die restlichen 5,6 km mit ihr zu vereinen. Historische GebäudeMarkant das Fachwerkhaus „Zur alten Post“ und folgende Wohn- und Geschäftsgebäude stadteinwärts mit teils deutlichen Zügen des Späthistorismus' – gut zu erkennen am Stilmix früherer Epochen – teils Charakteristiken des Jugendstils. Insbesondere im Umfeld der Dellbrücker Hauptstraße mehren sich Bauten aus den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts, wie mancherorts am Erbauungsdatum im Giebel abzulesen ist. Kaserne MoorsledeAus den 1930er-Jahren stammt die ehemalige Kaserne Moorslede an der Bergisch Gladbacher Straße. In der Nachkriegszeit vom belgischen Militär unterhalten, später saniert, beherbergt die denkmalgeschützte Anlage seit Mitte der 1990er Jahre u. a. das Zollkrimininalamt.
Köln-Mülheim
Anders als in Dellbrück, wo die Hauptstraße Dreh- und Angelpunkt ist, spielt sich der Alltag in Holweide vornehmlich entlang der Bergisch Gladbacher Straße ab. Hier befinden sich die meisten Einzelhändler und Lebensmittelketten.
Jenseits der A3 beginnt der Stadtteil Buchheim und bald darauf Mülheim. An der Genovevastraße unweit des Wiener Platzes endet unsere Exkursion entlang der Bergisch Gladbacher Straße nach über 35 km. Westlich hinter dem Clevischen Ring liegt das Rheinufer, gleichzeitig das Ziel zweier Stadtbäche, der Strunde und des Mutzbachs, die uns, wenn auch mit gewisser Distanz, über Teile der Strecke begleitet haben und in Mülheim in den Rhein münden. AnmerkungZur Einordnung: Laut BMDV betrug die Länge aller Bundesstraßen in Nordrhein-Westfalen im Januar 2021 4424 km und bundesweit 37820 km. Längste Bundesstraße Deutschlands ist die B 2 mit 845 km Länge. Sie durchläuft sechs Bundesländer zwischen der polnischen Grenze im Nordosten und Österreich.
Eckdaten
Allgemeine Merkmale
- Straßenlänge: 35,7 km
- Höhendifferenz: 553 hm
- Starthöhe: 268 m ü. NHN
- Zielhöhe: 47 m ü. NHN
Topografie der B 506
- Verlauf: Wipperfürth, Kürten, Odenthal, Bergisch Gladbach, Köln
Sehenswertes in der Nähe